Fertig – der Termin steht, die Band steht, die Proben sollten zu dem Zeitpunkt bald beginnen und der Aufnahmetermin kann kommen.
Dass das Blödsinn ist, weiß jeder. Jetzt ging die Arbeit erst richtig los. Denn hatte ich mit Olli einen Termin Ende November vereinbart, musste jetzt gecheckt werden, ob die Musiker überhaupt Zeit hatten.
Also zog ich wieder die Doodle-Karte und konnte meinen Mitstreitern relativ leicht den zeitlichen Rahmen darstellen: die Studiozeit würde am Freitagnachmittag beginnen und am Sonntagabend enden. Die Zeit dazwischen galt es sinnvoll zu füllen.
Sinnvoll fand ich, das Fundament von Schlagzeug, Bass und Gitarre auf den Samstag zu legen. Das erforderte einen rechtzeitigen Aufbau und Soundcheck – am besten am Freitag, damit wir Samstag gleich früh loslegen konnten. Wenn dann das Piano noch dabei wäre, hätten wir einen Großteil der Aufnahmen frühzeitig auf der Festplatte und genügend Zeit für Gesang und Bläsersektion.
Sinnvoll fand ich weiterhin, die Bläsersektion – die es zu dem Zeitpunkt noch nicht einmal theoretisch gab – auf den Sonntag zu legen, damit wir genügend Puffer hatten, sollte am Samstag irgendetwas schief laufen.
So war also der Plan, als ich ihn den Musikern vorstellte. Die Rückmeldungen waren zum Teil ernüchternd, aber nachvollziehbar. Während hier einer am Freitag erst spät konnte und Samstag nur bis max. 15:00 Uhr Zeit hatte, konnte ein anderer möglicherweise gar nicht, aber vielleicht am Samstagvormittag – aber höchstwahrscheinlich doch eher am Samstagnachmittag. Nur die genaue Zeit ließ sich zu dem Zeitpunkt noch nicht vorhersagen. Aber wenn alle Stricke reißen, dann ginge eventuell noch der Sonntag – aber lieber nicht.
Da saß ich nun vor meinem Planer und probierte unterschiedliche Konstellationen aus – unter Berücksichtigung einer großen Unbekannten: der Bläsersektion. Denn, wann die kann oder nicht, stand und fiel mit deren Besetzung, die es noch gar nicht gab.
Axel sei Dank, der über ein mindestens 50cm dickes DIN A4 Adressbuch mit Musikeradressen verfügen muss, konnte er Timm Pyttlik an der Trompete für das Projekt begeistern genau so wie den Saxophonisten Oliver Helmert. Dem gelang es dann noch, die Posaunistin Joanna Jablonski vom Mitmachen zu überzeugen. So war die Bläsersektion dann gesetzt und kontaktierbar für Terminabsprachen. Die einzige Restriktion, die mir mitgegeben wurde, war: bitte nicht zu früh, da am Abend vorher noch ein Job anstand.
So konnte ich nun mit allen den Aufnahmeplan skizzieren und die Termine feinjustieren:
Am Freitagnachmittag begann das Wochenende mit dem Aufbau und Soundcheck von Gitarre und Bass. Am frühen Abend sollte dann der Schlagzeuger hinzukommen und den Soundcheck für das Drumset machen. Sobald das geschehen sein sollte, würden Bassist und ich nachhause fahren, während der Schlagzeuger in der studioeigenen Pension nächtigen würde.
Der Samstagvormittag wäre nach dem Plan geprägt vom oben genannten Fundament, das die drei Songs einspielen würde. Am Nachmittag käme Axel direkt von der Autobahn, um seinen Pianoteil aufzunehmen. Im Anschluss daran würden von mir die am Vormittag ausgesparten Soli aufgenommen. Der Arbeitstag wäre damit beendet.
Am Sonntagvormittag würden wir mit den Gesangsaufnahmen beginnen und so lange weiter machen, bis sich die Ankunft der Bläsersektion andeuten würde. Gefolgt von einer kleinen Umbaupause, in der die Mikrofone für die Blasinstrumente gerichtet würden, wären nach einigen Probedurchläufen die Aufnahmen der Bläsersektion dran. Im Anschluss daran sollte noch ein Saxophon-Solo aufgenommen werden.
Nachdem die Bläser auf die Festplatte gebannt sein würden, wäre ich wieder mit dem Gesang an der Reihe – so lange, bis wir fertig sind oder Blut kommt.
Der Plan war da – aber hatte ich wirklich an alles gedacht oder gab es noch die eine oder andere Unbekannte, die mir hätte in die Parade fahren können?
Aber ja: was wäre bei Krankheit der Musiker? Was wäre, wenn die Musiker es nicht rechtzeitig schafften zum Studio zu kommen? Was wäre, versagte meine Stimme?
Man kann versuchen, jede Möglichkeit zu identifizieren und einen Plan B zu stricken und dabei verrückt werden oder man geht das geringe Risiko ein und wenn es sich realisiert, vertraut man seinem Improvisationstalent und findet eine Lösung. Zum Glück war Olli total entspannt, was eine mögliche Verlegung von Aufnahmen angeht. Sollte das so sein, wird eben auf einen anderen Tag verlegt. So war das Risiko tatsächlich überschaubar.
Der Plan stand.
Foto: zur Verfügung gestellt von Oliver Sroweleit