Nicht nur, dass Karsten Helmers in Delmenhorst wohnt – seine Werkstatt ist nur ein Katzensprung von meinem Zuhause entfernt. So konnte ich mich an einem schönen Mittwoch mit dem Fahrrad und der Gitarre auf dem Rücken auf den Weg in den Nachbarort machen.
Karsten begrüßte mich und führte mich sofort in seinen Empfangsraum, der nur so von Eigenbauten und laufenden Kundenaufträgen strotzte. Nicht nur Gitarren, auch ein gutes halbes Dutzend Verstärker, die er selbst zusammengebaut hat, zierten den Kellerraum.
Ein Exemplar mit dem Schriftzug „Keule“ fiel mir sogleich ins Auge – wie Karsten mir später erklärte, war auch schon Keule der Band Ohrenfeindt gern gesehener Gast in seinem Showroom.
Genauso wie der Delmenhorster Bassist Detlef Blanke, für den er auch schon diverse Arbeiten erledigen durfte und weiterhin darf. Neben diversen Duos (z.B. Kruse und Blanke, Hensen und Blanke) belebt er die Szene mit dem tollen Trio Gordon, das zuletzt auf dem Spargel- und Erdbeerfest in Delmenhorst zu sehen und zu hören war.
Bei einer Tasse Kaffee kamen wir ziemlich schnell zum Anlass unseres Treffens. Obwohl wir während des Gesprächs immer wieder vom Stöckchen aufs Hölzchen kamen – wie das bei Musikerbegeisterten so üblich ist -, besprachen wir konzentriert und ambitioniert das Vorhaben. Karsten und ich betrachteten jede Einzelheit von der Kopfplatte bis zur Klinkenbuchse am anderen Ende der Gitarre.
Relativ schnell wurden wir uns einig, dass es sinnvoll ist, von meinen ursprünglichen Plänen etwas abzuweichen, um den ursprünglichen Charakter der Gitarre möglichst beizubehalten. Das bedeutet, dass die Kopfplatte so bleibt, wie sie ist und auch der an einigen Stellen relativ stark beschädigte Lack wird nicht ersetzt. Meine Hoffnung ist, dass sich die sichtbaren Spuren des Alters der Gitarre perfekt mit den neuen Mechaniken, der Bridge, dem Vibratosystem und neuen Pickups ergänzen.
Lediglich das Pickguard und die Abdeckung des Elektronikfaches müssen modifiziert werden. Das alte Pickguard war schon gar nicht original, sondern selbst erstellt. Das Elektronikfach wurde durch eine kleine Kunststoffplatte abgedeckt, die aber so gar nicht zum Pickguard passte. Auch die Pickups wurden eher funktionell eingebaut – schön ist anders. Ich habe die Vermutung, man wollte die Gitarre schon einmal modifizieren, aber aus irgend einem Grunde hat man das zwar begonnen, aber nicht konsequent beendet.
Mir schwebte ein Pickguard aus einem Guss vor, das die Form des alten Pickguard aufnimmt und sich dann mit einem gekonnten Schwung über das Elektronikfach ergießt und in einem Horn ausschwingt.
Um dem Charakter der Gitarre gerecht zu werden, habe ich mich auch vom Gedanken von drei Single Coils verabschiedet. Es sollten nun doch zwei Humbucker mit Chromabdeckung sein.
Mein Eindruck war, dass Karsten richtig Spaß dabei hatte, mit mir die Möglichkeiten, die es gab, auszuloten und meine Neuerungen zum Überdenken mitzunehmen. Die Stunden verflogen nur so und irgendwann war es Zeit zu gehen, da Karsten einen weiteren Termin hatte.
Eine Sache schwingt natürlich mit, weil bisher alles nur theoretisch durchdacht wurde: wie wird das Instrument klingen?
Trotzdem fuhr ich mit dem guten Gefühl, etwas Großartiges in Angriff genommen zu haben, ohne Gitarre wieder nach Hause.
Foto: Karsten Helmers