Und dann war es soweit – das Biest war fertig! Karsten hatte zuerst versucht, mich telefonisch zu erreichen, um mir die frohe Botschaft zu übermitteln. Leider war ich nicht zuhause.
Aber in meinem E-Mail-Postfach fand sich eine kurze Mitteilung, dass das Biest zur Abholung bereitstehe, inklusive einiger alternativen Abholtermine. Weil der erste Vorschlag nicht passte, nahm ich den zweiten und freute mich wie ein kleines Kind vor der weihnachtlichen Bescherung. Als dann noch die Mitteilung kam, dass Karsten sogar noch eine Stunde früher konnte, gab es fast kein Halten mehr.
Zum verabredeten Zeitpunkt fuhr ich zur Delmenhorster Gitarrenwerkstatt und wurde von einem fröhlichen Karsten mit einigen Abwrackresten der alten Morris in der Hand begrüßt.
Es ging in den Showroom und da stand das Biest in seiner vollen Schönheit. Kirschrot mit viel Chrom und schwarzem Pickguard sah die Gitarre noch viel schöner aus als auf den letzten Bildern.
Nachdem mir Karsten noch einen Kaffee angeboten hat, schloss er die Gitarre an einen seiner selbstgebauten Verstärker (auch das kann er richtig gut!) an. Ich setzte mich auf einen Stuhl direkt vor den Amp und begann zu spielen, während Karsten mir die wichtigsten Funktionen an der Gitarre erläuterte und erklärte, wie man sie aktiviert.
Wer nicht dabei war, kann nicht nachvollziehen, wie meine beiden Ohren von meinem Mund Besuch bekamen, als ich das erste Mal den Jammerhaken betätigte und den Phasenschalter aktivierte. So ein sauberer Klang, ein butterweiches Vibrato, dieses Nasale im Ton muss man einfach gehört haben.
Und dann begann ich mit den Schnelltests der Tandempotis – von glockenklarem Single-Coil stufenlos in den kraftvolleren und dunkleren Humbucker umzuschalten, kannte ich ja schon. Aber hier war der Effekt noch viel hörbarer und wirklich toll sind die Nuancen, die sich ergeben, wenn man Zwischenpositionen ausprobiert.
Der Clou war dann die Umschaltung der Humbucker von paralleler Schaltung in Reihenschaltung. Der Effekt ist eher subtil, macht sich aber besonders bemerkbar, wenn man den Phasenschalter auch aktiviert hat.
Das Warten hatte sich gelohnt: das Biest ist eine ganz andere Gitarre geworden. Optisch sowieso – und vom Sound überhaupt kein Vergleich zu allem, was ich bisher an Gitarre gehört habe. Schon das Pickup-Set von David Barfuss in seiner Grundkonfiguration klang an Karstens Amp richtig gut und löste prima auf. Es gab keinen Muff, sondern eine klare Trennung der Töne und ein sauberes Sustain.
Karsten ist ein richtiger Magier – mit viel Hingabe, Fantasie, Geduld und Können hat er in relativ kurzer Zeit (er betreute mehrere Projekte parallel) aus einer unbrauchbaren Gitarre ein Instrument gezaubert, das das Potenzial hat, mein bevorzugtes Liveinstrument zu werden.
Wer mit dem Gedanken spielt, Hardware, Elektronik oder Lack seiner aktuellen Gitarre zu modifizieren, sollte auf jeden Fall einmal mit Karsten sprechen und den Weg in seine Gitarrenwerkstatt nicht scheuen. Es lohnt sich allemal, wie man daran sehen kann, wie die Morris aussah, als ich sie zu ihm gebracht habe.
Fotos: Karsten Helmers