In der Haut so manchen Mitarbeiters von Musiklabeln möchte ich nicht stecken, wenn es um die Promotion von Neuerscheinungen, wie zum Beispiel Nocturnes von Antique Heart, einem Projekt der Berliner Sängerin und Songwriterin Kalina Morcuende, geht.
Schwierig genug – und in letzter Zeit habe ich dieses Thema ausgiebig diskutiert – ist es, die Klangeindrücke, die ein Album vermittelt, so in das geschriebene Wort zu übersetzen, dass der Leser im besten Falle neugierig darauf brennt, dieses Werk anzuhören.
Oft stellt sich die Frage, wie eine Stimmung, die durch ein musikalisches Arrangement, durch eine Melodie oder durch eine Instrumentierung angemessen transport werden kann, ohne das Werk durch überraschende Wortexplosionen in einem seltsamen Licht erscheinen zu lassen.
Auch hier gibt es immer wieder den Ansatz, ein Werk für sich sprechen zu lassen, da es wohl nur wenige Talente gibt, die in der Lage sind, dem Künstler durch eine ausgewogene schriftliche Darstellung gerecht zu werden.
Dann allerdings müsste auch gleich die Sinnhaftigkeit dieses Blogs in Frage gestellt werden – für sich stehen kann die Musik auch bei YouTube. Nur, wenn das keiner weiß, hört sich die Musik auch niemand an. Es scheint sich hier um einen Teufelskreis zu drehen, dem zu entrinnen kaum gelingen mag.
Nocturnes von Antique Heart ist ein tolles Beispiel unter vielen, die mich per Email erreichen. Als ich den Pressetext las – ich zitiere –
In der Abenddämmerung flimmert das Tremolo der E-Gitarre wie Autoscheinwerfer im Nieselregen. Irgendwo in der Dunkelheit erklingt ein verwunschenes Klavier. Ein Cello gesellt sich dazu, spendet Wärme.
hatte ich schon keine Lust mehr, mir die empfohlenen Videos anzuschauen. Es ist geradezu unvorstellbar, mit welchem Geschwurbel Labels ihre Künstler feilbieten und ihnen damit viel zu oft gar keinen Gefallen tun.
Vielleicht bin ich zu rational oder verstehe irgend etwas nicht richtig, aber flimmernde Gitarrentremolos, die mit Autoscheinwerfern im Nieselregen verglichen werden, erschließen sich mir nicht.
Wäre es nicht vielmehr der Ton einer Gitarre, der durch ein Tremolo moduliert wird im Vergleich zum Licht eines Scheinwerfers, das durch den Nieselregen so gebrochen wird, dass es zu flimmern scheint?
Was zum Teufel ist ein verwunschenes Klavier – und wie soll das klingen? Und während das Klavier so vor sich hin klingt, kommt der Geselle Cello daher und bringt ein bißchen Wärme mit – oder brennt er gar?
Nein nein, Spaß beiseite und werden wir Herr des Ernsts der Lage. Es ist schwierig, einem Leser Musik über einen Text nahe zu bringen. Aber manchmal sollte vor einer Veröffentlichung noch jemand unvoreingenommen und kritisch das Verfasste begutachten.
Ich nehme mich da gar nicht aus – nur in diesem Falle wurde dem Projekt Antique Heart, der Künstlerin Kalina Morcuende und der EP Nocturnes kein Gefallen getan.
Denn die EP ist tatsächlich grandios und ich möchte jedem Musikinteressierten empfehlen, sich diese sechs Songs in aller Ruhe anzuhören.
Mein Favorit ist Fragility kills – warum?
Hört es Euch an – an jeder Beschreibung würde ich kläglich scheitern.
Foto: mit freundlicher Genehmigung von Antique Heart