Um mehr vom Studio und den Rahmenbedingungen für eine Demoaufnahme zu erfahren, habe ich per E-Mail einen der Betreiber, Oliver Sroweleit, kontaktiert.
Er antwortete relativ schnell, obwohl er gerade mitten in einer Produktion steckte und teilte mir mit, dass er mich kurzfristig anrufen wollte.
Der Anruf ließ nicht lange auf sich warten und so klärten wir am Telefon die wichtigsten Punkte vorab. Weil ich aber ungern die Katze im Sack kaufe, fragte ich, ob ich denn einmal das Studio sehen dürfe. Dies sei überhaupt kein Problem, antwortete Olli, und so machte ich mich an einem heißen Augustvormittag auf den Weg nach Bremen Oberneuland zum Studio Nord Bremen, zu dem Ort, an dem Heintje und Rudi Carrell unter anderen ihre Schlager produzierten. Ich berichtete.
Übrigens: ich erwähne hier wieder Heintje und Rudi Carrell oder James Last. Das Studio Nord Bremen hat zwar mit Schlagerproduktionen begonnen, aber auch immer andere Musikstile bedient – sei es als Aufnahmestudio oder sei es zum Mastering. Aktuell geben sich hier Künstler wie Wingenfelder, Stoppok oder jüngst zur Produktion eines neuen Albums Rhonda die Klinke in die Hand, um nur einige zu nennen!
Olli empfing mich mit einer Tasse Kaffee und begann sofort einen eindrucksvollen Rundgang mit vielen Hintergrundinformationen durch die Studioräume.
Zunächst einmal ist der große Aufnahmesaal zu nennen. Weil das Studio Nord Bremen früher ein Gasthof war, hat man sich damals bei der Gründung des Studios entschieden, den Saal nebst Bühne zum Aufnahmesaal umzurüsten. Mit professioneller Hilfe des Akustikgurus Heinrich W. Lüdeke, der seinerzeit auch für die Akustik im legendären Sendesaal von Radio Bremen maßgeblich war, wurde dieser Saal akustisch so aufgerüstet, dass mir zum Beispiel als erstes auffiel, wie trocken dieser Saal war. Erwartet das Ohr normalerweise bei einem Raum dieses Ausmaßes eine gute Portion Hall, gibt es den in diesem Ausmaß schlicht nicht. Ich fühlte mich wie in einem normalen Zimmer.
Der Aufnahmesaal war voller alter Instrumente, vor allem ein toll klingender Flügel stand in einer Ecke. Ein nicht so toll klingendes, weil verstimmtes, aber von Charakter strotzendes Honky Tonk Piano gibt es auch sowie unzählige Tasteninstrumente einer vorvergangenen Epoche.
Auf der Bühne fand sich ein ganzes Arsenal von Schlagzeugkomponenten, aus denen die feinsten Retrosets zusammengestellt werden konnten. An einer Seite der Bühne reihten sich die unterschiedlichsten Verstärker, von der guten alten Echolette bis hin zum Vox AC30, aneinander. Es war schier unglaublich, was dieses Studio zu bieten hatte.
An der Stirnseite des Aufnahmesaals bewahrt das Studio seine Mikrofonschätze auf. Sofort fühlte ich mich an meine Jugendjahre erinnert, als mir Olli die Sennheiser MD 421 Mikros zeigte, die wie neu waren. Neben dem Senheiser MD 441 zeigte er mir noch das Shure SM7B und ein RCA BX44. Als ich Olli bat, mir mal das legendäre U47 von Neumann zu zeigen, bekam ich wackelige Beine ob des Preises, den er mir nannte, als ich dieses Original aus den 60er Jahren in den Händen hielt und begutachtete.
Aber der Rundgang war noch nicht beendet. Mein persönliches Highlight stand in einer kleinen Nische neben dem Regieraum von Ollis Geschäftspartner Gregor Hennig: ein Mischpult aus den Nachkriegsjahren, das bei Radio Bremen zum Einsatz gekommen ist. Der Rahmen war aus dickem blauen Blech und die Technik komplett analog. Gewisse Effekte, die heute bei Drehknopf in ein Signal gemischt werden können, werden bei diesem Gerät noch über eine Patch-Bay, die an die Verbindungskonsole des Fräuleins vom Amt erinnert, gesteuert.
Und dieses Mischpult funktioniert noch: es wird heute noch von dem Ingenieur Peter Kohlmann gewartet, der es damals für Radio Bremen gebaut hat. Leider kam dieses Mischpult für meinen Zweck aus unterschiedlichen Gründen nicht in Frage.
Ja, und am Ende saß ich dann im Regieraum von Olli vor einer Neve Konsole mit einem Arsenal an Effekten im Rücken, von denen ich bisher nur Gutes gehört habe.
Beeindruckt von der guten Stunde, die ich im Studio Nord Bremen verbracht habe, konnte ich an jeden Punkt meiner Checkliste einen Haken machen und habe mit Olli einen festen Termin für ein Aufnahmewochenende Ende November 2016 vereinbart.
Mit einem zufriedenen Gefühl, das richtige Studio gefunden zu haben, fuhr ich wieder nachhause und machte mir bereits erste Gedanken über die jetzt anstehende Planung der Aufnahmen.
Foto: Olaf Satzer
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