Die erste Kontaktaufnahme mit Stephan Streichhahn fand per E-Mail statt. Ich habe ihm relativ ausführlich vom Vorhaben geschrieben und meine Soundvorstellungen mit Videos aus der Youtube-Welt vorgestellt.
Ganz klasse fand ich, dass Stephan in seinen Mails – wir haben erst viel miteinander geschrieben, da wir zunächst keine geeigneten Termine für ein Telefonat gefunden habe – ganz offen angesprochen hat, was geht und was nicht geht. Auch zu seinen Erfahrungen zu dem angestrebten Musikstil hat er ganz deutlich Stellung bezogen.
Eine Besonderheit, die mir Stephan am Telefon erzählte, war seine Verwendung von Mixbus. Dabei handelt es sich um eine DAW der Firma Harrison Consoles, die vor allem für ihre Hardware bekannt ist. So wurde beispielsweise „Thriller“ von Michael Jackson auf einem Mischpult von Harrison produziert. Harrison hat nun mit seiner DAW Mixbus ein neues Konzept verfolgt: war es früher der noch geringen CPU-Leistung und dem niedrigen Arbeitsspeicher älterer Rechner geschuldet, dass man Funktionen, die normalerweise in einen Mischpultkanal gehören (Equalizer, Kompressor usw.), in Plug-Ins ausgelagert hat, bietet Mixbus nun ein komplettes Mischpult ITB (in the box). Basierend auf Ardour hat Harrison nun die Besonderheiten seines Schlachtschiffes Harrison 32C modelliert und in Mixbus 32C integriert.
Ich bin selbst einige Wochen vor den Aufnahmen auf Mixbus aufmerksam geworden und habe die DAW ziemlich intensiv mit meinem Mitstreiter Matthias Wilkens getestet. Diese Software ist verdammt gut und gibt einem wirklich das Gefühl, an einem Mischpult zu sitzen – und sie klingt. Unschlagbar ist übrigens auch der Preis. Die Einstiegsversion (und das ist ganz schön tief gestapelt, da die allein schon ein vollwertiges System ist und sich nur durch wie ich finde Kleinigkeiten vom großen Bruder unterscheidet) ist bereits für $ 79,– (heute rund EUR 75,–) zu haben. Es gibt sie für Windows, Mac OS und Linux. In der Mac Version können vorhandene AU Plug-Ins relativ stressfrei verwendet werden.
Stephan verwendet also diese gut klingende DAW und mir hat das gefallen – nicht, dass ich hören würde, ob ein Song in Mixbus oder Pro Tools oder Logic Pro X gemischt wurde. Aber dass Stephan dieses aufstrebende Projekt unterstützt und Mixbus nicht nur als Spielwiese, sondern als echte Produktivumgebung nutzt, finde ich gut. Im übrigen bietet Harrison zu Mixbus einen exzellenten Support, der maßgeblich von Ben Loftis gemanaged wird. Daneben gibt es noch ein relativ gut frequentiertes und diszipliniertes Forum, in dem brennende Fragen diskutiert werden.
Zurück zum anstehenden Mix: Weil ich Stephan bereits sehr rechtzeitig angefragt hatte, war die eigentliche Terminierung für das Mischen trotz des rappeldicken Terminkalenders von Stephan ohne Probleme möglich.
Auch über den Stil konnten wir uns im Vorfeld gut verständigen. Die Wahl war eine gute, denn Stephan hat immer zeitnah und zuverlässig geantwortet. Selbst wenn einmal ein Termin bei ihm länger dauerte als geplant, hat er kurz per E-Mail mitgeteilt, dass er meine Mail später beantworten werde.
Auf das Mischen habe ich mich richtig gefreut.
Foto: mit freundlicher Genehmigung von Ben Loftis von Harrison Consoles
Stephan Streichhahn meint
Hallo allerseits und ganz herzlichen Dank an Thomas für die vielen netten Worte
Was Harrison Mixbus betrifft, kann ich nur vollstens zustimmen- auch über den Support: Die Reaktionszeiten von Ben und seinem Team liegen immer weit unter einem Tag, oftmals erreicht man einen der Entwickler direkt im Chat, zu dem es einen Link direkt aus der Software gibt.
Mixbus hilft mir, den Sound eines Stückes und/oder einer Band herauszuarbeiten, wie keine andere DAW.
Das hat natürlich sehr viel mit den integrierten Komponenten zu tun. Solche kann man sich zwar auch für andere DAWs dazu kaufen, doch würde man erheblich mehr Geld bezahlen, müsste ständig Fenster öffnen und schließen und würde möglicherweise nie dieses Gefühl bekommen, dass alles „aus einem Guss“ ist.
Ganz bestimmt nicht beim Workflow (sehr entscheidender Faktor), aber eben auch klanglich nicht.
Ich habe früher oft an analogen Mischpulten gesessen und werde nie vergessen, dass eigentlich immer schon während der Aufnahmesessions alles irgendwie stimmig klang, auch wenn es „nur“ Rough Mixe waren .
Wenn gut aufgenommen wurde, ziehst du einfach die Regler hoch und hast ein Grinsen auf dem Gesicht. Genau dieses Gefühl hat sich bei mir am Rechner nie eingestellt. Ganz im Gegenteil- du ziehst die Regler hoch und schon bei der ersten Instrumentengruppe stellst du fest, dass irgend etwas nicht so ist, wie du dir das wünschst- und fängst an, dieses „nicht ok“ Gefühl mit Bearbeitungen, oftmals teuer gekauften PlugIns oder der Hoffnung auf ein kommendes magisches Mastering zu kompensieren. Bei Mixbus ist genau das wieder da- du ziehst die Regler hoch und weißt sofort, wie es gemeint ist. Instrumente wirken weniger separiert, mehrstimmiger Gesang harmoniert, anstatt sich zu bekämpfen- insbesondere, wenn die selbe Stimme mehrfach zu hören ist. Die Musik sagt dir, wohin die Reise klanglich geht, anstatt nach Reparatur zu schreien. Voraussetzung hierfür sind selbstverständlich gute Aufnahmen, denn unharmonische Verzerrungen, Raumresonanzen, falsche Mikrofonaufstellungen und -Auswahlen, schlechte Instrumente und nicht zuletzt Arrangement und Performance lassen sich beim Mix nicht wirklich korrigieren.
Wir Tonleute wollen ja gestalten und nicht nur Schaden begrenzen.
Die Aufnahmen mit denen Thomas aus dem Studio kam waren genau so, wie sich das ein Mischtechniker nur wünschen kann: Sauber, aber nicht steril, druckvoll und offensichtlich mit Spaß aber auch genügend Präzision eingespielt. Die beste Grundlage um einen Mix so hin zu bekommen, wie ein Produzent sich das wünscht.
Gerne würde ich an viel mehr an solchen Projekten mitwirken dürfen- deshalb freue ich mich um so mehr über das Feedback hier.
Schöne Grüße aus Berlin, Stephan
musicampus meint
Hallo Stephan,
vielen Dank für Deinen ausführlichen Kommentar!
Wer weiß, wie sich der Mixbus noch weiter entwickelt. Momentan sieht es sehr vielversprechend aus.
Das Lob gebe ich gerne an die Band und das Studio Nord Bremen weiter!